Passende Begleitsätze zur wörtlichen Rede benutzen

Passende Begleitätze zur wörtlichen Rede können eine große Wirkung erzielen. Entscheidend dafür ist, dass sie originell und aussagekräftig sind und nicht zu sehr von der wörtlichen Rede ablenken. Besser noch: Wenn sie mit der Rede verbunden sind, sodass beides zu einem organischen Ganzen wird.

Ihr habt die ersten Teile der Reihe noch nicht gelesen? Ihr findet sie hier:

Schlichte Begleitsätze

Aber muss es unbedingt kreativ sein? Nein, man kann auch einfach schlichte Begleitsätze benutzen. Mit ihnen macht man selten etwas falsch. Sie helfen dabei zu erkennen, wer gerade redet, halten sich aber sonst im Hintergrund. Wenn es einem schwerfällt, spannende Begleitsätze zu entwickeln, oder man einen knappen Stil bevorzugt, ist es die bessere Wahl, bei sagte er, fragte ich zu bleiben.

Begleitsätze, die etwas über die Charaktere verraten

Was aber ist, wenn ihr in den Begleitsätzen mehr Informationen unterbringen wollt? Das sind einige Fragen, die ihr euch in dem Fall stellen könnt: Wie sehen eure Protagonisten aus? Was sind typische Aktionen für sie? Wie ist ihre Stimmung während des Dialogs?

Man kann dazu eigene Absätze schreiben, in denen ihr sie mit Größe, Alter, Augenfarbe, ihrem Schulabschluss und ihrer Einstellung zur Deutschen Bahn etc. vorstellt. Persönlich mag ich diese Art der Einführung von Protagonisten nicht so gern. Selbst dann nicht, wenn all das für die Handlung wichtig ist. Denn für den Einschub wird die Geschichte angehalten und Schwung herausgenommen. Eine andere Methode ist es, diese Informationen einzuflechten. Das geht so:

„Was ist das denn für ein Unsinn?“ Er stand auf, wobei er mit dem Bauch gegen die Tischplatte stieß, sodass die als Truppen dienenden Steine wackelten und hüpften. „Was sollte Vigri in Naarved machen, wenn es doch seine Aufgabe ist, Elvritshalla zu schützen?“

Tad Williams: Das Herz der verlorenen Dinge

Ihr haltet Herzog Isgrimnur, den „Er“ aus dem Begleitsatz, jetzt wohl eher nicht für den sportlichen Typen, oder? Es ist auch subtiler als: Herzog Isgrimnur war ein Mann mit einem mächtigen Bauch.

Was für einen Eindruck gewinnt ihr von Adéle?

Charaktere beschreiben durch Handlungen: Eine junge Frau schminkt sich die Lippen„Und Sie?“

Adéle schminkte sich gerade die Lippen.

„Ich …“ Ein exakt gezogener Bogen mit dem sattroten Lippenstift. „Ich …“ Ein Blick in den Spiegel. „… habe überhaupt nichts zu sagen. Alle Männer sind gemein.“

Georges Simenon: Maigret am Treffen der Neufundlandfahrer

Vom Lippenstift leiten wir ab, dass sie auch sonst Wert auf ihr Äußeres legt. Wir ergänzen Kajal, Rouge und eine modische Frisur.1Oder Wimperntusche, nachgezogene Augenbrauen und Stöckelschuhe. Durch ein Detail gelingt es Simenon, ein ganzes Bild der Person vor meinen Augen entstehen zu lassen.

Statt die Fragen von Kommissar Maigret zu beantworten, zieht Adéle es vor, ihren Lippenstift aufzufrischen. Das unterstreicht ihre mündlich geäußerte Ablehnung, mit ihm zu kooperieren. Ist das nicht viel aussagekräftiger, als wenn sie die Lippen zusammengepresst oder die Arme verschränkt hätte?

Voraussetzung für einen gelungenen Begleitsatz, der mir etwas über die Figuren verrät, ist, dass ich meine Charaktere kenne. Ich muss wissen, wie sie aussehen, handeln, sich bewegen, über sich selbst denken und auf andere wirken. Dann kann ich Sätze schreiben, die sie lebendig werden lassen.

Begleitsätze, die die Umgebung zeigen

Damit der Begleitsatz im Hintergrund bleibt, kann in ihm nicht zu viel von der Umgebung erwähnt werden. Es reicht für eine knarrende Holztreppe, die Sonne, die einem in die Augen scheint, den Duft von frischgebackenen Waffeln oder …

Eine schwarz-weiße Katze liegt auf einer Mauer und blickt den Betrachter an.Es gibt keine Teufel!“, schrie der Dichter und riss den Kater endgültig aus dem Schlaf. „Es gibt keine! Teufel existieren nicht, zum Teufel!“

Andrzej Sapkowski: Der Rand der Welt, in: Der letzte Wunsch

einen armen Kater, der nicht in Ruhe schlafen kann. Der Begleitsatz teilt uns nicht viel über den Schauplatz mit. Auch die Handlung treibt er nicht voran. Aber er macht die Szene anschaulich.

“Das ist das, was uns die Gemüseverschwörer weismachen wollen”, antwortete Uwe und stellte die leere Flasche auf dem breiten Handlauf der Reling ab.

Alexander Graff: Die Tintenfischfalle

Diese alltägliche Handlung sticht heraus, weil es eine ist, die selten gezeigt wird. Das Geheimnis von guten Begleitsätzen2und insgesamt gutem Schreiben ist nämlich, sich eine Szene genau vorzustellen und individuelle Details auszuwählen. In „Die Tintenfischfalle“ wird zusätzlich etwas wieder aufgegriffen, nämlich das Bier, das die beiden Männer an Bord des Schiffs gerade trinken. Zu Anfang des Gesprächs bringt Uwe die Bierflaschen mit, während des Gesprächs trinken sie daraus. Die Szene wird plastischer, indem sie Gegenstände einbindet, die bereits genannt wurden, und die Handlung fortführt – am Ende sind die Flaschen leer. Dadurch entsteht ein Gefühl von Kontinuität und Glaubwürdigkeit.

Begleitsätze, die Spannung aufbauen

Diese bieten sich besonders bei Konflikten und Androhung von Gewalt an.

„Ich sage es jetzt zum allerletzten Mal, Locke.“ Jean biss auf die Zähne und richtete den Bolzen mit ruhiger Hand genau auf die Stelle zwischen Lockes Augen. „Nimm den Finger vom Abzug und gib mir deine verdammte Waffe. Sofort.

Scott Lynch: Sturm über roten Wassern

Durch den Begleitsatz erfahren wir, dass Jean keine leere Drohung ausstößt. Er hat die Mittel – eine Armbrust -, um Locke zum Aufgeben zu zwingen. Das erhöht die Spannung.

Aber auch wenn einer der Gesprächspartner etwas zu verheimlichen hat oder sich seltsam verhält, kann dieser Eindruck durch passende Begleitsätze erzeugt oder verstärkt werden, wenn das Gesagte nicht mit der Gestik und Mimik des Sprechenden zusammenpasst.

Begleitsätze, die die wörtlichen Rede mit der Handlung verschränken

„Die Abendpost, Sir“, sagte er und überreichte Ackroyd das Tablett mit den Briefen.

Agatha Christie: Alibi

Ich finde das elegant. Ein unauffälliger Begleitsatz, der die wörtliche Rede aufgreift und ihr hinzufügt, wie Ackroyd die Briefe erhält. Wörtliche Rede und Inquit-Formel fließen ineinander, was einen angenehmen Leserhythmus bewirkt.

Der Begleitsatz im obigen Beispiel könnte auch weggelassen werden. Wir wüssten trotzdem, was passiert. Uns würde nur die zusätzliche Information fehlen, wie die Briefe übergeben werden. Im folgenden Zitat sieht das anders aus:

Tschick klappte die Sonnenbrille hoch, setzte sich auf den Fahrersitz und wühlte mit beiden Händen in den Kabeln rum: „Du musst das hier auf Dauerplus legen, die Fünfzehn auf die Dreißig. Da ist die dicke Klemme für.“

Wolfgang Herrndorf: Tschick

Ohne den passenden Begleitsatz wäre die wörtliche Rede nicht verständlich. Wir wüssten nicht, was man auf die Dauerplus legen soll. Beides zusammen vermittelt uns einen Eindruck, was Tschick tut.

Begleitsätze, die mehrere Funktionen erfüllen

Nun habe ich meine Begleitsätze so schön in Kategorien eingeteilt. Dabei können sie mehrere Funktionen erfüllen. Wir wissen durch den Begleitsatz aus „Das Herz der verlorenen Dinge“ nicht nur, wie Isgrimnur aussieht, sondern auch, dass er vor einem Tisch sitzt, auf dem er die Truppenbewegungen von Freund und Feind nachvollzieht. Tad Williams zeigt uns mit diesem Begleitsatz das Aussehen der Person, einen Teil der Umgebung sowie die Situation, es herrscht Krieg.

Für Adéle gilt dasselbe: Der Begleitsatz verrät nicht nur etwas über ihr Aussehen, sondern auch was sie typischerweise dabeihat (Lippenstift, Spiegel) und ihre Einstellung gegenüber Männern und der Polizei. Der Begleitsatz aus „Tschick“ verbindet nicht nur die Handlung mit der wörtlichen Rede, sondern wir erfahren auch, dass Tschick eine Sonnenbrille trägt.

Es ist ja auch logisch, das ein Begleitsatz nicht auf eine der Funktionen beschränkt ist. Oft lassen sich ganz natürlich mehrere in einem Begleitsatz vereinen. Generell solltet ihr unterschiedliche Arten von Begleitsätzen mischen, damit sie abwechslungsreich bleiben. Wenn immer nur weitere Details der Umgebung enthüllt werden, wirkt das bald eintönig.

Begleitabsätze

Meistens will man, dass der Fokus auf dem liegt, was gesagt wird, weshalb ich empfehle, nur ein, maximal zwei Sätze zwischen der wörtlichen Rede einzufügen. Manchmal jedoch steht dort ein ganzer Absatz oder mehr. Das Tempo des Dialogs sinkt dadurch, aber solche Absätze eignen sich gut, wenn das Gesagte nicht so wichtig ist wie das, was drumherum geschieht, was die Sprechenden denken oder wie sie sich verhalten.

In „Autorität“ von Jeff VanderMeer wird Spannung erzeugt, in dem ein Regierungsbeauftragter sich Methoden überlegt, wie er aus der Verhörten die Wahrheit herausbekommt, versucht, sie aus dem Konzept zu bringen und jede ihrer Reaktionen beobachtet und analysiert. Das nonverbale Katz-und-Maus-Spiel nimmt viel mehr Raum ein als die wörtliche Rede.

Auch bei einem Roman, der generell ein ruhigeres Tempo anschlägt, kann man mit Begleitabsätzen arbeiten. Oder bei einem Gespräch zwischen zwei Ehepartnern, die sich entfremdet haben und nicht wissen, worüber sie reden könnten. Oder bei einem Dialog zwischen schläfrigen Personen usw.

Was letztendlich zählt …

ist kreativ zu bleiben beim Schreiben. Nutzt die Charaktere, die Umgebung, die Atmosphäre, um passende Begleitsätze zur wörtlichen Rede zu schreiben. Stellt interessante Details heraus. Vermeidet den Rückgriff auf abgenutzte Begleitsätze. Je ungewöhnlicher oder unverbrauchter das Bild ist, das ihr benutzt, desto eher bleibt es bei Leser*innen hängen. Schon Kleinigkeiten reichen, um Geschichten lebendiger zu machen. Und da ein Dialog durchaus mal länger dauert, bietet er viele Möglichkeiten, nach und nach immer mehr Details zu ergänzen. So entsteht ein immer dichteres, aussagekräftigeres Bild der Szene. Auch hilfreich: Wenn im Satz eine Bewegung vorkommt, z. B. ein aufschreckender Kater. Selbst wenn nicht wirklich etwas passiert, allein die Bewegung erweckt den Illusion, es sei etwas passiert.

Ich möchte auch noch mal auf die Nützlichkeit hinweisen, Beispiele für gutes und schlechtes Schreiben zu sammeln. Die Zitate in den drei Beiträgen stammen größtenteils aus meiner Datei mit Beispielen. Die, die nicht daraus stammen, habe ich nun darin eingetragen.

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